SWR: Warum Facebook als Bezahlmodell nicht funktionieren würde
Nicht lange ist es her, dass Facebook-Chef Mark Zuckerberg in den USA und in Europa Rede und Antwort zum Daten-Skandal um Cambridge Analytica stehen musste. Cambridge Analytica hatte bekanntermaßen jahrelang ungehindert Zugriff auf Daten von rund 70 Millionen US-Bürgern und hat diese für Wahlkampfzwecke und Werbemaßnahmen verwendet.
Im Zuge der Anhörung brachte Zuckerberg eine werbefreie Bezahlvariante von Facebook ins Spiel. Der Radio-Sender SWR berichtet über das Thema und befragt hierzu auch Internet-Experte Tobias Looschelders von Digital Insight.
Der Sender fragt Looschelders nach seiner Einschätzung zum Bezahlmodell von Facebook. Im Netz wird spekuliert, dass ein Premium-Facebook rund sieben Euro kosten könnte, da Facebook in den USA sieben Dollar pro Nutzer im Monat verdiene. Internet-Experte Looschelders schätzt den Preis als deutlich zu hoch ein. Er verweise auf andere Content-Dienste im Internet, die deutlich weniger kosten. Looschelders betont, dass die meisten Nutzer schlicht nicht bereit seien, einen solch hohen Preis zu zahlen, wenn der Gegenwert nicht stimmt. Der Vergleich zu teureren Diensten wie Amazon Prime oder Netflix, hinkt laut Looschelders. Dort seien der Mehrwert und die Qualität des Angebots höher als ein werbefreies Facebook.
Grundsätzlich hält der Internet-Experte Looschelders ein Premium-Facebook daher für keine gute Idee. Einen Vergleich mit Business-Netzwerken wie XING und LinkedIn lässt Internet-Experte Looschelders ebenfalls nicht gelten. In diesen Netzwerken ist der berufliche Aspekt der Grund für eine Registrierung und Aktivität auf den Portalen. Dort wird eigenes Geld vor allem investiert, um das eigene berufliche Netzwerk zu erweitern, in der Hoffnung, attraktiver für Headhunter zu sein und damit einen beruflichen und im Endeffekt auch finanziellen Sprung nach vorne zu machen.
Im Falle von Facebook sei ein Premium-Account, mit Werbefreiheit und höherem Datenschutz, nicht attraktiv genug für die Nutzer. Der Internet-Experte sieht dafür einen zu kleinen Markt. Wirklich interessant fände es Looschelders, wenn der Newsfeed der Nutzer künftig deutlich mehr Inhalte von den eigenen Kontakten anzeigen und die werblichen und Seiten-Posts deutlich reduziert würden. Allerdings erwähnt er, dass dies nicht Teil eines Bezahlmodells sein dürfte.
Denkbar wäre ein Premium-Account der sich nicht nur auf Facebook beschränken sollte. Zur Facebook-Familie zählen unter anderem noch Instagram und WhatsApp. Hier sieht er Potentiale für einen plattformübergreifenden Service.
Mit Blick auf weniger junge Nutzer glaubt Internet-Experte Looschelders, dass Facebook sich neu erfinden müsse und dafür eventuell sogar tiefgreifende Änderungen an der Plattform nötig würden.